GERADLINIG | Zwischen Rationalität und Emotionalität

Von Alexandra Wendorf

Klare Farben, klare Linien, klare Formen. Die Malerei und Objektkunst von Claudia Kinnemann ist von formaler Strenge und froher Anmutung gleichermaßen geprägt. Die aus der Geometrie abgeleiteten Formen sind äußerst präzise in reinen Grundfarben voneinander abgegrenzt, während das Weiß des Hintergrundes die Leuchtkraft der Farben betont und eine starke Flächigkeit hervorruft. Streifen, Quadrate, Dreiecke – Ecken und Kanten. Rundungen, weiche Linien oder gar fließende Übergänge sucht man hier vergeblich. Kinnemanns Bilder sind im wahrsten Sinne „geradlinig“.

Der Kunst Piet Mondrians und der von ihm mitbegründeten Kunstrichtung De Stijl formal verwandt, überwiegen rechte Winkel und rasterartige Strukturen, die oftmals durch schwarze oder weiße Linien und Flächen geordnet sind. Der in seiner Kunst innewohnende Versuch, Harmonie und Gleichgewicht des Lebens darzustellen, ist auch für Kinnemann grundlegend. So führt sie als wesentlichen Impuls für ihre Arbeiten den Wunsch an, „ein Gleichgewicht der Kräfte aufzuzeigen“, wobei die kraftvolle Farbgebung als „Mutmacher“ und die lineare Struktur als „Ruhepol“ dienen. Insofern die konstruktivistische Erscheinung durchaus das Ergebnis einer rationalen Herangehensweise ist, ist die künstlerische Motivation maßgebend emotional. Folglich auch die Wirkung, die sowohl beruhigend als auch belebend vom Betrachter wahrgenommen werden kann.

Kinnemann1Auch ihre objekthaften Wandbilder auf Acryl und Holzplatten sowie Skulpturen folgen diesem Prinzip: Höchst akkurat und perfekt angeordnete Muster, signalartige Flaggen, einzelne Stäbe oder Würfel sind streng geordnet und fallen nur zuweilen aus dem „Rahmen“; kleine Störungen, die das kleine Quäntchen Zufall und die gewisse Unordnung verdeutlichen, die im „wahren“ Leben ihre Entsprechung finden.

Ein großformatiger Katalog mit zahlreichen Farbabbildungen ihrer Werke und einem ausführlichen Text von Dr. Friedhelm Häring ist im Nicolai Verlag, Berlin erschienen.

Dauerausstellung und Atelier in Bonn. Besuch nach vorheriger Anmeldung möglich.  Tel.: 49 (0)228/242 10 70

 www.claudia-kinnemann.de

Titelbild: Ruhestörung, 256 Holzquadrate (4 x 4 x 1 cm), Acrylfarben auf holzplatte (200 x 100 cm) montiert, © Claudia Kinnemann

Flaggenparade, 144 holzquadrate (4 x 4 x 0,5 cm), Acrylfarben auf Acrylplatte (127 x 127 cm) montiert, © Claudia Kinnemann

Newsletter

Folgen Sie uns!