DIE SURREALE WELT DER MAF RÄDERSCHEIDT

Autorin: Rosa Selins
Es ist eine seltsam surreale Welt, in die uns Maf Räderscheidt mit ihren Bildern führt. „Der Führer baut den Katzen eine Stadt“. Ein Tiger steht in dem großformatigen Ölgemälde vor Hochhäusern aus Katzenbäumen – die politischen Assoziationen sind mit den Händen zu greifen und erschöpfen sich doch nicht in Oberflächlichkeit. Denn das politische Statement ist für die 65-jährige Künstlerin ein wichtiger Teil ihres Schaffens. „Mit dem Kopf im Sand verbrennst Du Dir den Arsch“ sagt sie, und geht so seit vielen Jahren aufrecht ihren Weg durch die Kunstszene. Tiere, venezianische Gondeln, Frauen und Fabelwesen tummeln sich in den Vexierbildern der Künstlerin, in und mit denen sie ihre Geschichten erzählt.

Ihr Handwerk lernte der Spross einer Kölner Malerfamilie erst im Atelier der Großmutter Marta Hegemann, dann auf den Kölner Werkschulen, die sie als Meisterschülerin abschloss. Es gibt kaum eine künstlerische Technik, in der sie nicht ihre Spuren hinterlassen hat. Frühen Ruhm erntete sie in den Siebziger Jahren mit Radierungen, spürte den Grauwerten zwischen Schwarz und Weiß in großformatigen Kohlezeichnungen nach. Sie gestaltete Performances und Videos, malte mit Acryl, Pigment, Öl, Tusche oder Aquarell- doch immer gelang es ihr über die Jahrzehnte einen eigenen unverwechselbaren Strich und ihre Bildsprache zu bewahren.

In dem im Herbst 2017 erschienenen Roman „Die Küsse der Farben“ widmet sie sich der Frage, was eigentlich in einem Künstler während des Malprozesses geschieht. Bereits 2009 nutzte sie Twitter für Daily Paintings, verarbeitete private, ganz besonders aber politische Themen zu einem Bild des Tages. Politische Aussagen bilden durchweg die Basis. Immer wieder hinsehen ist ein Leitmotiv ihrer Arbeit. Auch heute arbeitet sie täglich, schafft neue Werke. Politik und Gesellschaft geben ausreichend Nährboden für ihre kritischen Werke. „Wahrheit wahrnehmen“, „Wieviel Heimat brauchen und verbrauchen wir?“. Sie verarbeitet in ihnen Weltanschauungen und das Seelenleben des Betrachters. Dieser kann sich stets aufs Neue darauf einlassen, was ersehen möchte. Die Bilder schaffen Welten. Auf fast schon surreale wirkende Weise entdeckt der Betrachter ineinander gesteckte, kraftvolle Figuren, weite Landschaften, die zu zerfallen drohen, oder wilde Tiere – er sieht all das was für ihn möglich ist, was er sehen kann und noch mehr.

Maf Räderscheidts Arbeiten stören und wecken auf. Sie geht den Themen ihrer Zeit auf den Grund, spricht sie an, verbildlicht sie – und trifft ihren Nerv. Gleichzeitig schlägt sie sich auf die Seite des Betrachters. Durch die feinen Emotionen, die angedeuteten Gedanken macht sie deutlich, wo wir uns befinden, und lässt den Betrachter Teil des Werkes werden. Die Bilder machen glücklich, aber sie machen auch aufmerksam und tun weh. Mittlerweile hat sich die Künstlerin zurückgezogen. Sie lebt und arbeitet in der Eifel. Durch das Internet hat sie eine Plattform gefunden, auf der ihre Bilder Verbreitung finden und nicht nur Einzelne unterbunden werde können. Für ihre Arbeit und ihr Engagement erhielt sie 2016 den Horst-Konejung-Preis. In ihrer Dankesrede sagte sie: „Die Malerei ist ein einsamer Weg, aber es ist der Weg der Freiheit, auf dem ich die sein darf, die ich sein möchte.“ Maf Räderscheidt zeigt uns, dass es weh tun kann, das Richtige zu tun. Ganz besonders, wenn man es gut tut. Aber sie zeigt auch, dass es Menschen geben muss, die genau das tun und, dass in der heutigen Zeit Kunst davon lebt politisch zu sein und den Nerv der Zeit zu treffen. Kritik an Missständen und der Politik ist noch immer ein Hauptbestandteil der zeitgenössischen Kunst und bleibt wichtig. Auch, wenn sich andere davon abwenden und den Sinn an anderen Stellen suchen bleibt es ihre Aufgabe.

Titelbild: Der Untergang des Abendlandes? Aquarell, 2018

Die Küsse der Farben, erhältlich im Eifelbildverlag, 24,90 Euro
www-maf-art.com

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