Text: Oliver Gehrmann
Jennifer Egan entwirft in ihrem Roman “Der grössere Teil der Welt” dreizehn unwiderstehliche Geschichten, die sie über Figuren, Schauplätze und thematische Bezüge zu einem spannenden Gesamtkonstrukt verknüpft. Mit einer unmittelbaren und effizienten Sprache, die sich auf die Darstellung des Nötigsten beschränkt, ohne dass die poetische Kraft darunter leiden würde, entwirft Egan Szenarien, welche die Leser auf eine unvergessliche Reise durch Raum und Zeit mitnehmen – von der Musikszene der 70er Jahre in San Francisco, über die 90er Jahre in New York, mit Abstechern in Neapel und Kenia, bis hin zu einer unbestimmten, utopischen Zukunft.
Immer wieder werden dabei Themen wie Schuld, Reue und Freundschaft aufgegriffen, hinterfragt und stets neu ausgelotet. Zusätzlich spielt die Autorin, die für diesen Roman unter anderem mit dem renommierten Pulitzer-Preis ausgezeichnet worden ist, mit ganz unterschiedlichen Erzählstilen – vom klassischen Ich-Erzähler, über pseudo-journalistische Artikel bis hin zum Nachbau von Präsentations-Slides. Dabei kommen beispielsweise auch Diagramme und Tabellen zum Einsatz, welche die gewohnten Erzählstrukturen ersetzen und damit jegliche Konventionen des klassischen Erzählens aufbrechen.
Jennifer Egan: „Der grössere Teil der Welt“, Fischer Taschenbuch, 9,99 Euro