Von Olivia Steinweg
Er ist einer von Berlins schillernsten Entertainern und ein Tausendsassa allemal. Über Jahrzehnte hinweg ist Friedrich Liechtenstein (1956 geb.) als Puppenspieler, Theaterregisseur, Schauspieler, Model, Elektro-Pop-Musiker, Radiomoderator, Künstler aller Genres und vieles mehr unterwegs. Und dann wird er plötzlich über Nacht, weit über Berlins Grenzen hinaus, mit nur einem einzigen Wort bekannt. „Supergeil“; so der Titel des Songs einer großen Einzelhandelskette, den er mit viel Ironie und sonorem Sprechgesang performt. Auf Youtube wurde der Song bereits über 11 Millionen Mal angeklickt. Dabei ist kein Ende in Sicht. Friedrich Liechtenstein – Internetstar ohne Telefon und Computer – ist sein Erfolg schleierhaft. So verharrt er also nicht im aktuellen Hype um seine Person, sondern macht weiter.
Friedrich Liechtenstein bewohnt – der sich selbst als „durchgeknallten Typen mit grauem Bart und Sonnenbrille“ bezeichnet – mietfrei eine ganze Etage in einem schwarzen, sehr skurrilen Haus in Berlin-Mitte. Ralph Anderl, Gründer des Brillen-Labels „ic! Berlin“ und Freund Liechtenstein, ist seinem Wunsch, in seiner Firma als Schmuckeremit wohnen zu dürfen, nachgekommen. Der Künstler Liechtenstein liebt den Gedanken, das Schmuckstück einer Wohnung zu sein, dessen Wert allein sein Dasein ist.
Als Musiker hat er bereits 3 CDs und 40 Songs veröffentlicht. Nun erscheint im Juli sein lange gereiftes Konzeptalbum BAD GASTEIN. In elf facettenreichen Stücken Popmusik mit Streichquartett und Synthesizer, träumt sich Liechtenstein ins „Herz Europas, ins Monaco der Alpen, in den sagenumwobenen Kurort Bad Gastein“. Zur musikalischen Umsetzung hat Liechtenstein sich das preisgekrönte Berliner Producer- und Soundkü̈nstler-Duo Carl Schilde und Anselm Venezian Nehls, aka HEAVYLISTENING, ins Boot geholt. Heute erzählt er uns – kurz und knapp, wie es für ihn üblich ist – über sein Leben als Schmuckeremit, warum er Sonnenbrille trägt, wie er seinen persönlichen Stil beschreibt und von „BELGIQUE, BELGIQUE “, der Single-Auskopplung seines neuen Albums BAD GASTEIN.
Im wahren Leben heißen Sie Hans-Holger Friedrich. Ihr Künstlername ist Friedrich Liechtenstein. Sind Hans-Holger und Friedrich dieselbe Person?
Friedrich Liechtenstein: Biologisch und buchhalterisch vielleicht. Obwohl da ja auch alles im Fluss ist. Ich bin keine Kunstfigur, mein Leben ist meine Bühne.
Diplomierter Puppenspieler, Künstler, Theaterregisseur, Schauspieler, Model, Elektro-Pop-Musiker, Radiomoderator, Entertainer, Schmuckeremit und, und, und. Als was bezeichnen Sie sich letztendlich?
Flaneur und Entertainer.
Sie sind ein Schmuckeremit und leben im L-40-Haus. Eremiten scheuen Menschen. Ein Schmuckeremit soll sich jedoch regelmäßig der Öffentlichkeit zeigen. Passt das zusammen und warum haben Sie diese Art der Lebensführung gewählt?
Es ist anstrengender als man denkt und da verändert sich gerade auch etwas. Ich habe aber noch kein anderes Konzept gefunden.
Sie tragen eine Sonnenbrille der Marke ic! Berlin. Was hat es damit auf sich?
Ich trage seit vielen Jahren diese Brillen, weil sie mir gefallen und ich den Chef Ralph Anderl sehr mag. Sie schützen mich und geben meinem Gesicht halt. Sonnebrillen tragen ist Eskapismus und ich bin Eskapist.
Erzählen Sie uns was ihre Kleidung über Ihren Charakter verrät?
Stolz, eitel, nachlässig und genau.
“Belgique, Belgique” ist die Single-Auskopplung aus Ihrem Album “Bad Gastein”. In 10 Minuten fassen Sie ihr Leben zusammen und beenden den Song mit den Worten: “Nun kennt ihr die ganze Geschichte. Ich sag’ euch, das Leben kann sehr kurz sein wenn man sich auf zu wenig Dinge konzentriert”. Eigenironie, Melancholie oder ein guter Rat?
Poesie lässt sich nicht befriedigend erklären. Aber selbst das Viele kann ein Tanz um das eine sein und 3 Minuten im stillen warten, kann die Explosion von vielem, von Drama, Erkenntnis und Freude bewirken. Haben Sie das nicht auch schon erlebt? Ironie und Humor sind klasse. Da erfährt man vieles. Manchmal ohne den Kopf und manchmal über abertausende Gedanken die durch den Kopf rauschen. Wer so fragt wie Sie, hat es eigentlich schon verstanden.
Wollen Sie uns zum Schluss noch etwas sagen?
Wahrscheinlich seid ihr großartig.